Taglilien-Wildarten

  • Wo wachsen die wilden Vorfahren unserer bunten Gartenschönheiten? 
  • Wie sehen die Wildarten aus - gibt es dabei große Unterschiede?
  • In welchen Eigenschaften unterscheiden sie sich? 
  • An welche Lebensräume sind sie jeweils ideal angepasst?



Als ich selbst aktiv zu züchten angefangen habe, sind mir diese Fragen durch den Kopf gegangen. Bei der Suche nach Antworten habe ich mich ein wenig in das Thema Taglilien-Wildformen/Spezies eingelesen und aus Neugier habe ich seither jede Wildform, die mir untergekommen ist, in meinen Garten gepflanzt. 

Ich bin weit davon entfernt, Spezialist in diesem Gebiet zu sein, aber einige meiner Erkenntnisse und Erfahrungen sind vielleicht für den einen oder anderen Taglilienfan interessant, deshalb gibt es nun diesen Bereich auf der Gekko Garden Webseite.

Zuerst also einmal zu den o.a. Fragen:

Herkunft

Alle Wildarten stammen aus Asien - und zwar im Wesentlichen aus Ostasien (China, Korea, Japan) und Südsibirien. Sie haben sich von dort aus vor tausenden Jahren bis in die Mongolei und nach Nordindien ausgebreitet und sind schon auf uralten chinesischen Malereien dargestellt. Über die Seidenstraße sind die ersten von ihnen nach Europa gelangt und wurden um 1753 von Carl von Linnè beschrieben. 

In den Herkunftsländern sind sie fixer Bestandteil der Ernährung, gegessen werden sie als Gemüse und zwar Knospen, Blüten, frische Triebe und Speicherknollen.



  • Bevor es mit den nächsten Fragen weitergeht, ist dieser Umstand aus meiner Warte wichtig:  

    Aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen der letzten Jahre mussten die zuvor angenommenen Verwandtschaftsbeziehungen der Wildarten untereinander teilweise korrigiert werden und auch einige botanische Benennungen sind nun strittig - auch weil ein und dieselbe Pflanze unter mehreren Bezeichnungen in Umlauf gebracht wurde.

    Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt der ursprünglichen botanischen Benennung der Arten nur eine eher zufällige Auswahl an unterschiedlichen Klonen in Europa bekannt war. Manche davon sind auf verschlungenen Wegen zu uns gereist, andere wurden gezielt bei botanischen Expeditionen in den natürlichen Verbreitungsgebieten entdeckt und aufgesammelt. Und aktuell sieht es danach aus, dass ein Teil der natürlich vorkommenden Varianten dabei einfach gar nicht gefunden worden ist.

    Überdies waren die Wildformen dort damals schon lange Zeit auch in menschlicher Kultur (als Nahrungsmittel und als Zierpflanze), weshalb wohl auch vom Menschen erzielte züchterische ‘Auslesen’ fälschlicherweise als Arten eingeordnet wurden.

    Aus diesem ‘Ausschnitt’ der tatsächlich vorhandenen Wildpopulationen hat man, basierend auf sichtbaren Eigenschaften Arten definiert. Heute weiß man, dass es sich dabei nicht immer um echte Arten handelt und dass die Wildformen in angrenzenden Verbreitungsgebieten div. Mischformen (Naturhybriden) bilden. 

    Sich in die aktuellen Forschungen dazu einzulesen, ist ein Projekt für langweiligere Zeiten - deshalb werde ich diesen Bereich erst mit mehr Fachinformationen ergänzen, sobald ich dazu Gelegenheit hatte. Im Folgenden schreibe ich daher zu den Pflanzen, die ich kenne und mit der Bezeichnung, unter der ich sie bekommen habe.

Aussehen

Alle Wildformen haben denselben Blütenaufbau, den wir von den Gartensorten kennen. Ihre Blüten sind lilien-/trompeten-/sternförmig und haben alle bis auf den Sonderfall der braunroten Taglilie (Hemerocallis fulva und Verwandte) gelbe Blüten (bei manchen sind die Rückseiten bräunlich getönt).

Die Blütengrößen, Knospenzahlen pro Stängel und Stängelhöhen sind je nach Wildart sehr verschieden - aber sie sind sofort als Taglilien erkennbar. Die Blüten der gelben Wildformen, die ich bisher kennengelernt habe, duften auch noch dazu recht auffällig.

Das Laub ist grasartig und wächst in Fächern - auch da gibt es abgesehen von Blattgrößen und leicht abweichenden Grüntönen keine großartigen Unterschiede.

Eigenschaften

Hier wird es für den Gartenfreund und den Züchter interessanter - denn die Unterschiede sind in diesem Bereich durchaus markant. Sie sind durch Anpassung an die unterschiedlichen Lebensbereiche, die die Gattung im Laufe ihrer Evolution erobert hat, entstanden und erlauben nun eine unterschiedliche Verwendung im Garten.

Für mich sind die folgenden Punkte dabei im Garten am wichtigsten:

  • Blütezeit:
    Die allerfrühesten Taglilien in meinem Garten sind Wildformen - sie blühen hier im Mai und Juni (Hemerocallis middendorffii, Hemerocallis minor, Hemerocallis lilioasphodelus), die ersten beiden blühen hier üblicherweise im Herbst nochmal.

    Die ebenfalls sehr früh blühende Hemerocallis dumortieri möchte ich meiner Sammlung noch hinzufügen.

    Auch bei den späten Taglilien sind ein paar Wildformen vertreten - im August blühen hier Hemerocallis fulva 'Kwanzo' und Hemerocallis fulva var. rosea; noch später blüht Hemerocallis fulva var. littorea.

    Und dann gibt es noch die Dauerblüher, die durch die hohen Knospenzahlen pro Stängel sehr lange blühen wie Hemerocallis citrina (von Juni bis August, nachtblühend), Hemerocallis citrina vespertiana (angeblich Juli-Oktober), Hemerocallis multiflora (Juli/August bis September/Oktober) und Hemerocallis altissima (von Mitte Juli bis September, nachtblühend) .

    Ich habe eine namenlose hohe und gut verzweigte Pflanze bekommen - eventuell ist sie eine der beiden letzten - jedenfalls möchte ich beide gerne im neuen Garten pflanzen.

  • Duftstärke
    Hier übertrumpfen einige der Wilden ihre schicken bunten Nachkommen um Längen - unter den gelben gibt es gut duftende (Hemerocallis minor, Hemerocallis altissima, Hemerocallis thunbergii) und sogar stark duftende Arten wie Hemerocallis lilioasphodelus (mittel bis stark), Hemerocallis citrina (zitronig).

  • Wüchsigkeit
    Wer nur die gewöhnliche braunrote Taglilie kennt, befürchtet vielleicht, dass ihre wilden Geschwister ähnlich ‚frohwüchsig‘ und raumgreifend sind und hat womöglich Hemmungen, ihnen ein Plätzchen im Garten zu gönnen.

    Meine Erfahrungen sind hier sehr unterschiedlich - von zart und kaum wachsend bis zu wild wuchernd ist alles dabei - man sollte hier gezielt auswählen, meine Varianten habe ich nach Wüchsigkeit geordnet:

    zart, darf nicht bedrängt stehen, braucht gute Bedingungen:
    Hemerocallis minor, Hemerocallis lilioasphodelus

    horstig/buschig, wirkt wie ein üppiger Blumenstrauß, wie eine ‚normale‘ Gartensorte:
    Hemerocallis middendorffii

    bildet wenig Ausläufer, wächst gut aber wuchert nicht, braucht etwas Platz:
    Hemerocallis fulva var. rosea, Hemerocallis fulva var. littorea

    bildet viele/auch lange Ausläufer, wächst sehr rasch, Wurzelsperre sinnvoll:
    Hemerocallis fulva 'Europa', Hemerocallis fulva 'Kwanzo'

     
  • Hemerocallis fulva - die große Ausnahme - nicht nur wegen der Farbe

    Im eigentlichen Sinn ist die weit verbreitete braunrote Taglilie Hemerocallis fulva Europa, die wohl jeder als üble Wucherpflanze kennt, (k)eine Wildart. 

    Sie bildet keine fruchtbaren Samen, weil sie über eine triploide Genetik verfügt (dreifache Chromosomensätze anstatt diploid/doppelt, wie bei den fruchtbaren Wildformen) - das macht sie aber durch sehr starke Ausläufertätigkeit wett und ist vielerorts zu einer echten Neophyten-Plage geworden. In den USA heißt sie z.B. Ditch-Lily (Ditch = Straßengraben), weil sie sich dort entlang der Straßenränder enorm ausgebreitet hat. 

    Von ihr existieren zwei gefüllte Varianten - die unordentlicher wirkende Hemerocallis fulva 'Kwanzo' (manchmal auch Kwanso geschrieben, mit 7-12 Blütenblättern, Herkunft Japan) und die harmonischer wirkende Hemerocallis fulva 'Flore Pleno' (mit 15-18 Blütenblättern, Herkunft China). Eine als Apricot Beauty gehandelte dritte Variante soll eine alte asiatische Kultursorte sein - die beiden letzten versuche ich gerade zu besorgen, um mir selbst ein Bild über die Unterschiede zu 'Kwanzo' machen zu können. 

    Während die ungefüllte triploide Version früher im Jahr blüht (hier bei uns schon im Juni - also early), blühen beide gefüllten deutlich später ('Kwanso' hier bis in den August - also late). Der Ausbreitungsdrang ist durchaus vergleichbar (bei Flore Pleno angeblich etwas weniger problematisch) - eine Wurzelsperre ist in Garten-Situationen durchaus empfehlenswert. 

    Die Entstehung der unfruchtbaren triploiden Varianten liegt im Dunklen, sie sind schon seit Menschengedenken in Kultur, kommt aber auch wild-wachsend vor und es existieren keine Aufzeichnungen. 

    Von H. fulva 'Kwanzo' gibt es einen Klon mit weiß gestreiftem (panaschiertem) Laub mit der Bezeichnung Hemerocallis fulva 'Kwanzo Variegata'.

    Was viele nicht wissen: es gibt auch fruchtbare/diploide Typen von Hemerocallis fulva - z. B.

    H. fulva 'Hankow', H. fulva 'Cypriani', H. fulva var. rosea (mehrere Klone, z.B. 'Rosalind'), H. fulva var. maculata, H. fulva var. littorea - mit denen wurde anfangs und auch vor kurzem wieder (z. B. durch Gil Stelter) gezüchtet.

     


Lebensräume/Biotope:

So weit ich inzwischen darüber gelesen habe, besiedeln die Wildarten die unterschiedlichsten Landstriche - einige sind in bergigen Regionen auf relativ hoher Seehöhe zu Hause (1460 m in Korea) wo sie tw. sogar an Felshängen wachsen, andere brauchen es recht warm und sind in Mitteleuropa nicht winterhart, wieder andere wachsen direkt am Strand und während manche Halbschatten am Wasser (z. B. an einem kleinen Bach im subtropischen oder tropischen Wald) bevorzugen, wachsen andere wieder lieber in wiesenartigen Umgebungen.

Was lernt man daraus für die Gartenkultur: 

  • Je nach Art und abhängig von der Hitze/Sonneneinstrahlung an der Pflanzstelle wird lichter Streuschatten vertragen - volle Sonne ist in kühleren Regionen aber in der Regel die bessere Wahl.

  • Der Boden muss nicht enorm nährstoffreich sein, wenn man sich mit den schlichten natürlichen Blüten der Wildarten zufrieden gibt, durchlässig sollte er aber in jedem Fall sein. Ist er auch humos, wachsen auch die Wildarten in der Regel besser; beim Kalkgehalt sind sie nicht wirklich wählerisch - nur extrem saure oder kalkhaltige Böden werden nicht vertragen.

  • Und für alle Wildarten gilt: in trockenen Landstrichen wachsen sie nicht! Wenn sie selbst wählen können, siedeln sie sich bevorzugt in ausreichend feuchten Arealen (Straßengraben) an und gedeihen dort prächtig. Auch jene Arten, die auf Böden mit sehr raschem Wasserabfluss z. B. auf Hanglagen im Gebirge oder in Meeresnähe wachsen, brauchen zumindest konstant ausreichend Luftfeuchtigkeit um zu gedeihen.

Die folgenden Fotos aus dem Netz geben einen kleinen Überblick:

Wildform an der Küste:
https://i0.wp.com/tabi-mag.jp/wp-content/uploads/AO008804.jpg?resize=1024%2C682&ssl=1

H. fulva var. littorea - an Japans Küsten (felsig/steinig/sandig) - Hier zu sehen:
https://www.botanic.jp/plants-ha/hakanz.htm

H. citrina ist recht anpassungsfähig:
https://vermontgreenman.files.wordpress.com/2014/02/pls05502.jpeg?w=768
https://vermontgreenman.files.wordpress.com/2012/01/koreanhems.jpg?w=739&zoom=2

Und H. fulva ist überhaupt unschlagbar (Bilder einer Farm in Taiwan):

https://www.flickr.com/photos/55268414@N00/6072666284/in/photostream/
https://www.erv-nsa.gov.tw/en/attractions/detail/95

H. dumortieri wächst eher in wiesenartigen Situationen (Oze-Nationalpark in Japan):
https://www.pacificbulbsociety.org/pbswiki/files/Hemerocallis/Hemerocallis_dumortieri_esculenta_mk5.jpg 

Mir hat die Suche nach Fotos aus den natürlichen Verbreitungsgebieten auch Anregungen für eine eher artgerechte/naturnahe Kultur unserer modernen Zuchtsorten gebracht - einige davon werde ich im neuen Garten umsetzen um sie auf Tauglichkeit zu testen. 

Derzeit bin ich nach wie vor auf der Suche nach weiteren Wildarten und Fulva-Varianten - auch weil im neuen großen Gekko Garden, der gerade angelegt wird, eine größere, natürlich gestaltete Fläche für die Hemerocallis-Spezies vorgesehen ist, wo jede Wildform mehrere Quadratmeter beanspruchen kann und soll, um durch Massenblüte zu beeindrucken. 

Die folgenden wachsen bereits hier im Gekko Garden (sind auch in der Sortenliste angeführt):

Ich tausche gerne weitere Wildarten gegen div. Sorten - bitte einfach über info@gekkogarden.at anfragen.


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Spezielle Blütezeiten

Spezielle Eigenschaften

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